Skip to main content

Kemptweg - Industriegeschichte und Natur im Kempttal

Seit dem Mittelalter wurde die Wasserkraft der Kempt für den Antrieb von Mühlen und deren Nebenwerke genutzt. Im frühen 19. Jahrhundert führte die Mechanisierung der Textilindustrie zu mehreren Fabrikgründungen im Kempttal, das zu einer Industrieachse von regionaler Bedeutung wurde. Ein System von Kanälen und Stauanlagen sorgte für den Antrieb der neuen Maschinen un der alten Mühlen. Gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand in Kemptthal die bedeutende Industrieanlage der Nahrungsmittelfabrik Maggi.
Auf
dem Kemptweg zwischen Illnau und Kempttal wird die zum Teil erhaltene, zum Teil in Form von Spuren noch sichtbare, zum Teil aber auch gänzlich verschwundene Industriekultur entlang der Kempt auf vielen Hinweistafeln in Bild und Text vorgestellt. Ergänzt wird die Dokumentation mit Angaben zu naturkundlichen Aspekten dieses grünen Talabschnitts.
Der Wanderweg führt von der Weberei Graf in Illnau bis zum Bahnhof Kempttal mit der Fabrikanlage von Maggi.

Der Kemptweg in der Gemeinde Illnau-Effretikon

Im Herbst 2000 wurde der rund fünf Kilometer lange Wanderweg mit 16 Orientierungstafeln eröffnet. Er führt von der Weberei Graf in Illnau über die Sägerei Illnau und die Spinnerei Oberkempttal zur Würglenmühle bei Effretikon. Neben den industriegeschichtlichen und naturkundklichen Objekten gibt es Picknickplätze bei der Kanalanlage Otelrain und beim Sagiweiher.
Im Herbst 2007 wurde beim Stauweiher der Weberei Graf eine zusätzliche Tafel aufgestell. Zum gleichen Zeitpunkt erfuhr der Kemptweg nach dem Mannenberger Bahnviadukt eine Fortsetzung in nördlicher Richtung in der Gemeinde Lindau. Der Illnau-Effretiker Teil des Kemptweges wird vom Hotzehuus-Verein Illnau-Effretikon und vom Verkehrs- und Verschönerungsverein Illnau-Effretikon betreut.

Weitere Informationen sind im Jahrheft 2001 der Stadt Illnau-Effretikon enthalten.

Der Kemptweg in der Gemeinde Lindau

Die Weiterführung des Kemptweges auf Lindauer Gemeindegebiet wurde im Sommer 2007 realisiert. Seither ist auch der Höhepunkt der Industrialisierung im Kempttal, die Fabrikanlage von Maggis Nahrungsmitteln, in den Wanderweg integriert. Bei Grafstal verlässt der Weg den Talgrund, einerseits um die mit der Fabrik zusammenhängenden Bauten im Dorf zu zeigen, andererseits um an erhöhter Lage einen Ausblick über das Tal und die Industrieanlagen zu ermöglichen. Mehrere Orienterungstafeln schildern die Industriegeschichte und die Naturkunde in diesem Talabschnitt.
Auf dem rund drei Kilometer langen Weg von der ehemaligen Nannenberger Mühle bis zum Bahnhof Kemptthal gibt es noch viel Weiteres zu entdecken: zum Beispiel die moderne Ingenieurkunst des Autobahnbaus oder den Original-Bahnhof Kemptthal aus dem Jahr 1855, der ganz in der Nähe der Hammermühle, einem der ältesten Gewerbebetriebe in der Gemeinde Lindau, erstellt worden ist. Der Lindauer Teil des Kemptweges wurde vom Verein "LindauLebt" realisiert.

Karte Kemptweg

Würglenmühle

Die Würglenmühle im Juli 1960. Der rechte Teil des Hauptgebäudes war von der Mahlstube im Untergeschoss bis zum obersten Dachboden mit Müllereimaschinen gefüllt.

Mannenberger Mühle

Die Farblithografie der Mannenberger Mühle wurde nach einer Zeichnung des ETH-Professort Ernst Gladbach hergestellt.

Bahnviadukt Mannenberg

Diese Dampflokomotive des Typs A 2/4 schnaubte zwischen 1902 und 1923 über den Mannenberger Viadukt.

Neumühle / Färberei Kuhn

Die Neumühle Kempttal um 1940.

Spinnerei Oberkempttal

Das Fabrikdörfchen Oberkempttal auf einer Ansichtskarte aus dem Jahr 1910. Am Waldrand ist der Fabrikkanal zu erkennen.

Kanalanlage am Otelrain

Situationsplan der Kanalanlage der Spinnerei Oberkempttal im Jahr 1880 (Plan: Staatsarchiv des Kantons Zürich).

Thalmühle

Die Gebäudegruppe der Thalmühle um 1855 (Gouache von J.J.Eggli).

Sägerei Illnau

Familie Frei mit Arbeitern vor ihrer Sägerei (um 1910).

Spinnerei / Fettfabrik im Soor

Die Fabrik im «Soor» mit Fabrikantenhaus (links am Abhang), Hochkamin und Hauptgebäude in den 1920er Jahren.

Confiseriefabrik Union

Die Zeltlifabrik Union mit ihrem 22 Meter hohen Backsteinkamin war bis 1986 ein Bestandteil des Unter-Illnauer Dorfbildes.

Hotzehuus/Mühle Unter-Illnau

Unter-IlInau kurz vor dem zweiten Brand der Mühle (1907).

Weberei Graf

Die Spinnerei im «Riet» um 1855.

Stauanlage Weberei Graf

Das grosse Stauwehr am «Unteren Weiher». Hier erfolgte der Einlass des Wassers in den Fabrikkanal.


Stauanlage Weberei Graf:

Vom Industrieweiher zum Naturschutzgebiet

test

Bild 1: Das grosse Stauwehr am «Unteren Weiher». Hier erfolgte der Einlass des Wassers in den Fabrikkanal.

 

Die Spinnmaschinen der 1825/26 erbauten Fabrik im «Riet» wurden ursprünglich von einem Wasserrad angetrieben. Das Wasser wurde etwas unterhalb der Brandbach-Mündung von der Kempt in den 300 Meter langen Fabrikkanal geleitet. Von 1842 bis 1876 war die Spinnerei im Besitz der Familie Bündter. Die bis 1855 auf 48 Beschäftigte — davon 25 Kinder — angewachsene Firma versuchte beharrlich, den Energieertrag zu steigern. Da die Kempt für einen regelmässigen Betrieb zeitweise zu wenig Wasser führte, erhöhte die Besitzerfamilie die Schwellvorrichtungen und plante im Februar 1858, neben der Kempt und dem Brandbach auch den von Rüti (Fehraltorf) herfliessenden Schwarzenbach zu nutzen. Aber erst 1867 und 1871 — nach der Behandlung mehrerer Einsprachen von anderen Wasserrechtsbesitzern — erhielt sie vom Regierungsrat die Bewilligung. Am Hangfuss wurde in der Folge der über 500 Meter lange «Obere Weiher» erstellt, der, vom Schwarzenbach gefüllt, während rund eines Jahrhunderts als Wasserspeicher der Kraftanlage diente. Mittels Schiebevorrichtungen konnte das Wasser in den «Unteren Weiher» abgelassen werden, von dem es, reguliert durch ein Stauwehr, in den Fabrikkanal oder in die Kempt weiterfloss. 1889 wurde das Wasserrad in der Fabrik durch eine Girard-Turbine ersetzt, die 1905 mit einer Francis-Turbine ergänzt wurde. Um1980 verzichtete die neue Besitzerin, die Weberei A.W. Graf AG, auf die Nutzung der Wasserkraft; der Kanal wurde zugeschüttet, der «Untere Weiher» entleert. Der langgezogene «Obere Weiher» mit seiner idyllischen Umgebung wurde hingegen zu einem Naturschutzgebiet.

Bild 2: Handgezeichneter Plan der Stauanlage aus den Wasserrechtsakten, der die Situation im Jahr 1880 aufzeigt. Die Kempt war damals noch nicht «korrigiert» und floss weiter östlich als heute mäandrierend durch die Riedlandschaft zwischen Fehraltorf und Illnau.


Weberei Graf:

Die letzte Textilfabrik in der Gemeinde Illnau-Effretikon

test

Bild 1: Die Spinnerei im «Riet» um 1855 (Gouache vo J.J. Eggli). Gut erkennbar ist das massive Fabrikgebäude mit Wohnteil (llinks) und Fabrikationsräumen (rechts) sowie der Zuflusskanal, der ein im Unterschoss angebrachtes Wasserrad, seit 1889 eine Turbine antrieb. Weiter kemptabwärts sind die Gebäudegruppe der Mühle Unter-Illnau (rechts) und die Spinnerei im «Soor» (Bildmitte) zu erkennen.

Als im Oktober 1991 die Weberei Graf den Betrieb einstellte, ging in IlInau das Zeitalter der Textilindustrie zu Ende. Der aus Adetswil stammende Fabrikant Adolf Graf hatte die ehemalige Spinnerei im Jahr 1900 erworben und darin eine Weberei eingerichtet, die fast während des ganzen 20. Jahrhunderts zu den wichtigsten Arbeitgeberinnen Illnaus gehörte. Zeitweise bedienten 80 Arbeiterinnen und Arbeiter die rund 120 Baumwoll-Webstühle. Am Schluss waren es noch etwa 30 Personen, die mit 50 Maschinen jährlich 800’000 Laufmeter Gewebe produzierten.
Das Hauptgebäude der Fabrikanlage im «Riet» wurde 1825 gebaut. Der Freudwiler Industriepionier Johann Jakob Bühler, der 1832 in Kollbrunn eine Grossspinnerei erstellte, betrieb darin eine mechanische Werkstätte mit Spindeln- und Kardenfabrikation, die Firma «Homberger, Schmid & Cie.» eine mechanische Baumwollspinnerei, die unter wechselnden Besitzern bis 1888 bestand. 1888 bis 1900 stellte der Winterthurer Jakob Friedrich Ammann in den ehemaligen Spinnereisälen Schuhe her.
Die interessanten Wasserkraftanlagen oberhalb der Fabrik entstanden in der Zeit von 1855 bis 1871, als die damaligen Besitzer zur Steigerung der Wasserkraft die Weiher- und Kanalanlagen massiv vergrösserten. Neben der Kempt und dem Brandbach wurde damals auch der aus dem Fehraltorfer Riedgebiet herfliessende Schwarzenbach zur Energiegewinnung herangezogen; er füllt seither den langgezogenen oberen Weiher, welcher der IlInauer Jugend früher als Schwimmbad und Eisbahn diente.

Bild 2: Die Weberei Graf im Jahr 1914 mit Mitgliedern der Fabrikantenfamilie Graf. Bemerkenswert ist der grosse Aussenlift und in der Bildmitte unten der Abflusskanal, der das Antriebswasser wieder der Kempt zuführte.

Bild 3: Die Belegschaft der Weberei Graf im Sommer 1914. Während 1855 ein Arbeitstag in der Fabrik im «Riet» rund 13 Stunden dauerte, waren es 1920 noch 8 3/4 Stunden. In der Weberei arbeiteten verhältnismässig viele Frauen; leitende Positionen waren jedoch den Männern vorbehalten. Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch in Illnau verbreitete Kinderarbeit war 1914 schon verboten. Auf der Fotografie zeigen verschiedene Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Werkzeuge. Die Männer waren häufig als Webermeister, Mechaniker und in der zum Betrieb gehörenden Landwirtschaft beschäftigt, die Frauen bedienten die Webstühle.


Eindrücke vom Kemptweg

Kemptweg 050

Kemptweg 053

Kemptweg 001

Kemptweg 047

Kemptweg 003

Kemptweg 007

Kemptweg 009

Kemptweg 010

Kemptweg 014

Kemptweg 016

Kemptweg 020

Kemptweg 022

Kemptweg 023

Kemptweg 024

Kemptweg 031

Kemptweg 032

Kemptweg 036

Kemptweg 037

Kemptweg 038

Kemptweg 039

Kemptweg 040

Kemptweg 048

Kemptweg 052

Kemptweg 054